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Manifest für das schöne Leben
Die Vollversammlung für das schöne Leben NRW am 31.01. und 01.02. hat ein Manifest angefangen und übergibt es der Gemeinschaft der Kunst- und Kulturschaffenden: zum öffentlichen Verlesen ab sofort, und mindestens bis zur Bundestagswahl!
Das Manifest ist gedacht für Momente der Versammlung. Es kann verändert, umgestellt, gekürzt und weiterentwickelt werden – oder einfach in dieser Version genutzt. Nach dem Vorbild von Kulturschaffenden in Italien, Frankreich und Berlin rufen wir auf: Lest das Manifest vor eurem Publikum, im Foyer, vor der Veranstaltung oder beim Applaus.
Manifest für das schöne Leben
Hier und jetzt, in diesem Theater/Kulturzentrum/… findet eine Versammlung statt. Unsere Körper versammeln sich um Kunst und Kultur, in einem realen, gemeinschaftlichen Raum. Diese Möglichkeit zusammenzukommen gehört zum Fundament von Demokratie, und deswegen sagen wir hier: Wir müssen uns um die Demokratie kümmern.
Es ist fünf vor zwölf und das heißt: Im deutschen Parlament ist es kein Tabu mehr, Entscheidungen mithilfe rechtsextremer, demokratiefeindlicher Kräfte durchzusetzen.
Es ist fünf vor zwölf und das heißt: In mehreren europäischen Ländern wird an Gesetzen gearbeitet, die die Gesellschaft in Menschen erster und zweiter Klasse spalten.
Es ist fünf vor zwölf und das heißt: Die Hypermacht der globalen Technologiekonzerne, greift in das politische Geschehen demokratischer Staaten ein und zersetzt ihre Öffentlichkeiten.
Es ist fünf vor zwölf und das heißt: Weltweit vervielfältigen und festigen sich Schauplätze, Handlungsweisen und Rhetoriken des Krieges.
Wir sprechen und handeln gegen jedweden Versuch, die fundamentale Gleichheit aller Menschen zu verneinen. Gegen die Spaltung und Fragmentierung der Gesellschaft durch Politiken der Feindseligkeit, ökonomisches Kalkül und Hetze. Und gegen die Versuche, die Räume unseres Zusammenseins zu verschließen, sie zu verhökern, unzugänglich zu machen oder zu leugnen. Unsere Gegenwart ist nicht alternativlos.
Wir widersprechen dem Verdacht, Kultur und Kunst seien Privatvergnügen privilegierter Eliten, unrentable Unternehmen oder verzichtbare Luxusgüter. Wir kämpfen für den Erhalt, die Pflege und die Schaffung der Räume, in denen wir uns versammeln und begegnen können. Wir stellen uns gegen Missachtung, Entwertung, Spaltung und Vereinzelung - wenn's sein muss, auf lange Zeit. Wir werden nicht müde, uns mit unserem Können, unserem Wissen, unseren Erfahrungen und unseren Körpern dafür einzusetzen, dass schönes Leben existieren kann, vielfältig und affirmativ, liebevoll und nicht zu bändigen, herzhaft, bewegt, gesellig, mit Lust und Vertrauen auf das, was morgen kommen kann.
Es ist fünf vor zwölf, aber der Tag wird noch lange dauern. Die Dringlichkeit der Stunde wollen wir nutzen, um eine langfristige Solidarität zu schaffen. Denn wir sind Teil von einer diversen Gesellschaft und stehen Seite an Seite mit unseren Mitmenschen aus allen Lebensbereichen. Diese Gesellschaft reicht vom Pflegeheim bis zur Supermarktkasse, vom Klassenzimmer bis zum Fließband, von Hörsaal, Küche, Kiosk, Stahlkocher, Theke, Bus, Verwaltung bis zum Parlament und weit darüber hinaus. Wir müssen uns um die Demokratie kümmern!
Stellt euch vor, jedes Theater, jedes Museum, jedes soziokulturelle Zentrum, jede Bibliothek, ... jeder noch so kleine Ort, an dem sich Menschen wie hier versammeln, wäre ein Strommast: eine solide Struktur voller Energie und Strahlkraft, die dauernd Wärme, Licht und Widerstand verschickt, von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf, über weite Strecken hinweg mit den anderen verbunden, ein leuchtendes Netz der zwischenmenschlichen Grundversorgung. Räume wie dieser hier, in dem wir uns gerade befinden, sind Räume der Versammlung, und die ist erst voll, wenn die nächste Person gesprochen hat.