© Andre Scollick

Jakob von Gunten

Eine MusikTanzTheater-Produktion des Pour Ensembles nach dem Roman von Robert Walser

Inspirationsquelle und Textgrundlage für die jüngste Produktion des Wuppertaler POUR ENSEMBLES ist der Tagebuch-Roman »Jakob von Gunten« von Robert Walser aus dem Jahr 1909. Er berichtet aus der Sicht des jungen Jakob, Sohn aus gutem Hause, von seiner Ausbildung zum Diener an der ominösen Knabenschule ›Institut Benjamenta‹. Ganz oben auf dem Lehrplan stehen Gehorsam und Geduld. Alleiniges Ziel der Einrichtung ist es, die Jungen zu formen und zu unterwerfen, bis sie zu dem geworden sind, wozu sie bestimmt sind: »eine reizende kugelrunde Null«. Jakob sieht für sich hier die Chance, der Leistungsgesellschaft zu entsagen, »klein zu sein und zu bleiben« – hat andererseits aber den Ehrgeiz, der beste Diener zu werden, ist zugleich ein Abenteurer, ein Tänzer und Spieler, der in der Erniedrigung die Freiheit sucht. Was ihn dabei auszeichnet, ist die Leichtigkeit, mit der er diesen Widerspruch lebt. Keine Zweifel, keine Schwere drücken ihn nieder – gut gelaunt und fröhlich geht er durchs Leben. Auch die Aussichtslosigkeit seiner Verliebtheit in die leider unerreichbare Lehrerin ändert daran nichts… Traum und Wirklichkeit gehen in seinen Aufzeichnungen ineinander über, die von Ironie und melancholischer Komik durchzogen sind.

Die Geschichte des Zöglings einer Dienerschule zur Kaiserzeit als Plot für eine ganz und gar heutige Theaterperformance – das mag auf den ersten Blick widersprüchlich anmuten. Doch die gemeinsame Schnittmenge ist groß. Robert Walser verlieh in seinem Roman seinem tiefen Unbehagen an der aufkommenden Leistungsgesellschaft Ausdruck. Die aber erstreckt sich heute längst nicht mehr nur auf das Berufsleben, sondern hat mit dem ständig wachsenden Erwartungsdruck der Selbstoptimierung nahezu alle Bereiche des Lebens durchdrungen.

Das Ensemble unter der Regie von Jakob Fedler greift nicht auf eine bestehende Bühnenfassung zurück, sondern entwickelt assoziativ eine individuelle Theaterfassung, bei der Bewegung, Musik, Text und Spiel ineinanderfließen. Worte werden zu Tönen, Gedanken zu Gesten – und alle Spieler:innen sind Jakob von Gunten.