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Die Frau aus dem Eis (Anthropocene)
Im Norden Grönlands, am Nabel der Natur, friert das Schiff einer Expeditionsgruppe ein. Zuvor hatten deren Mitglieder einen sensationellen Fund gemacht: eine im Eis eingefrorene Frau. Nach dem Auftauen erwacht sie tatsächlich zu neuem Leben und reagiert zunächst verwirrt, gibt dann eines Tages aber ihr Geheimnis preis: Einst wurde sie von ihrem Volk geopfert, das dadurch einen plötzlich einbrechenden Kälteschub überleben konnte. Durch Sabotage verliert das Schiff alle Verbindungen zur Außenwelt; die Crew und die Mitglieder der Expedition sind auf sich gestellt – und einander hilflos ausgeliefert. Am Schluss steht ein fragwürdiges, gleichwohl vollstrecktes Todesurteil. War es Mord oder »nur« ein erneutes Opfer? Notwendig oder frevlerisch?
Anthropocene, im Januar 2019 in Glasgow uraufgeführt, ist als Name eines fiktiven Forschungsschiffs ein symbolträchtiger Titel, der sofort miterzählt, welche Mächte hier im Spiel sind: die vom Menschen beeinflussten Ökosysteme der Natur. Durch ihre bedrohlich unvorhersehbare Entwicklung involviert, bilden sie mehr als die Kulisse für ein menschliches Drama, das durch einen Mystery-Effekt einen speziellen Kick erhält.
Der schottische Komponist Stuart MacRae arbeitete für Anthropocene bereits zum vierten Mal mit der Librettistin Louise Welsh zusammen. Beide ließen sich von Filmen wie Alien und Sunshine inspirieren, aber auch von Mary Shelleys Frankenstein sowie Shakespeares Der Sturm. Aktuelles wie der Klimawandel und Archaisches wie eine Opferung verleihen dem Werk seine besondere Atmosphäre, die von MacRaes musikalischer Architektur entscheidend getragen wird.